Eine Demenzerkrankung geht in der Regel mit einem Gedächtnisverlust sowie mit sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen einher. Aufgrund der Einschränkungen, stehen in der Medizin, der Politik sowie in der Pflege vermehrt die Defizite im Vordergrund und weniger der Mensch als emotionales und soziales Wesen. Doch genau dieser Aspekt sollte laut des Deutschen Ethikrates nicht vernachlässigt werden. Schließlich ist der Mensch ein denkendes und fühlendes Individuum, das sich nicht nur durch seine kognitiven Fähigkeiten, sondern auch durch seine Emotionen, sozialen Kontakte, sein Empfinden sowie seine Motivationen definiert. Menschen, die unter einer Demenzerkrankung leiden werden häufig nur als sozialer Pflegefall angesehen und nicht als freier Mensch mit dem Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft. Dabei ist Selbstbestimmung ein besonderer Ausdruck menschlicher Freiheit und auch Demenzkranke wollen in ihrer Individualität und mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden.
Den Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben soweit es geht ermöglichen
Die Würde des Menschen auch bei solchen Erkrankungen wie der Demenz zu achten, ist sowohl moralisch als auch praktisch eine große Herausforderung. Durch die enorme Veränderung der kognitiven und emotionalen Fähigkeiten, fällt es vielen Menschen schwer, die Betroffenen als selbstbestimmendes Individuum wahrzunehmen. Dennoch sollte die Würde eines jeden Menschen stets gewahrt und diesem solange wie möglich eine Chance zur Mitgestaltung seines Lebens gegeben werden. Der Deutsche Ethikrat, ein unabhängiger Sachverständiger für ethische, gesellschaftliche, naturwissenschaftliche und rechtliche Fragen, hat einige Leitgedanken zu diesem Thema entwickelt, nach deren Prinzipien Sie Ihren Angehörigen oder Pflegepersonen ein selbstbestimmtes Leben zugestehen können.
- Die Würde des Menschen ist bis zum Schluss zu achten und zu respektieren
- Anerkennung der Einzigartigkeit und Individualität des Erkrankten
- Dem Demenzerkrankten bei der Realisierung seiner Wünsche helfen
- Dem Kranken die größtmögliche Freiheit zu gewähren
- Dem Betroffenen so lange wie möglich seine gewohnte Umgebung und die Gesellschaft vertrauter Personen zugestehen
- Impulse des Betroffenen verstehen, seine Äußerungen, Signale und Gewohnheiten in den Alltag integrieren
- Anstatt auf Forderungen und Erziehung vermehrt auf Zuhören, Lernen, Verstehen und Hinschauen fokussieren
- Die Betroffenen in zukünftige Entscheidungen miteinbeziehen, beteiligen und vermehrt das Gespräch mit ihnen suchen
- >Der Selbstbestimmung der Erkrankten in den eigenen oder widerstreitenden Interessen einen großen Stellenwert einräumen.
Obwohl die Selbstbestimmung bei der Pflege der Demenzerkrankten mit an erster Stelle steht, bedeutet das nicht, dass jeder Forderung oder jedem Wunsch nachgegangen werden muss. Sicherlich sollten die Pflegebedürftigen nicht ignoriert werden, doch ein Nichterfüllen oder Widersprechen der geäußerten Wünsche im Falle von Gefahren oder Schaden ist unvermeidlich, sogar zwingend notwendig. Dieser Pflicht ist immer nachzugehen, wenn der Betroffene die Tragweite seines Wunsches nicht erkennen oder einschätzen kann. In diesem Fall ist die Schadensverhütung und nicht die Selbstbestimmung vorrangig.